Dienstag, 1. August 2017

Das Gegenteil von Einsamkeit von Marina Keegan / Hörbuch

Das Gegenteil von Einsamkeit“ ist eine Sammlung von Erzählungen und Essays einer jungen Frau, die die Gedanken und Empfindungen eines jungen Menschen treffsicher, bildgewaltig und gefühlvoll in Worte fassen konnte und die sich selbst, ihre Mitmenschen und ihre Umwelt scharfsinnig und mutig hinterfragte und durchschaute.

Ihre Geschichten vermitteln ein Gefühl der Geborgenheit und Hoffnungslosigkeit zugleich, ein Gefühl, so als säße man in einer Kneipe mit der besten Freundin, vertieft in inspirierende Diskussionen über Liebeskummer, Zukunftspläne, verpatze Chancen, Wertevorstellungen, Politik und Umwelt bis hin zu Endzeitszenarien, Gott und den Tod. Diese Art von Diskussionen, die einen hinterher mit dem Glauben zurück lassen, eventuell doch etwas in der Welt bewegen zu können. Die einem eine, wenn auch kurzweilige, Energie vermitteln, der Welt mit einem verschärften Blick entgegen zu treten, eventuell gereift, eventuell weiser und wenn das alles nicht, dann wenigstens lebendiger.

Über dem allem schwebt die dunkle Wolke des Wissens, dass Miss Keegan nicht mehr lebt, dass sie mit gerade mal 22 Jahren durch einen schicksalhaften Autounfall tödlich verunglückte, kurz nach ihrem Abschluss in Yale, mit einer tollen Stelle bei der New York Times in Aussicht, voller Zukunftspläne und Potenzial. Selbst schrieb sie oft und mit einem beinahe verklärten und unerschrockenen Blick über das Thema Tod und Schicksal, ohne zu ahnen, welches tragische Schicksal sie selbst bald ereilen wird. Ich bin mir noch unschlüssig darüber, wie ich das finden soll. Ich frage mich, wie ich die Geschichten lesen und erleben würde, wenn ich nichts über ihren Tod wüsste. Ob das alles nur funktioniert, weil sie nun selbst zu einem Teil ihrer Geschichten wurde? Eine Art selbsterfüllende Prophezeiung all der verpassten Chancen, verlorenen Lieben, Schicksalsschlägen und ungelebten Träumen von denen in ihren Geschichten so oft die Rede ist.

Eines weiß ich aber sicher, die offensichtliche Vermarktung ihres Todes, welches durch den Verlag und/oder die Eltern durchgeführt wurde, verwirrt und verärgert mich ein wenig. Die Aufmachung des Buches und die Handlungsbeschreibung handeln nur von Keegan persönlich, ihrem bisherigen Werdegang bis hin zu eben diesem schicksalhaften Unfalltod, dem sie erlag, ohne auch nur einmal auf den eigentlichen Inhalt des Buches einzugehen: auf den Inhalt ihrer Erzählungen und Essays. Man wagt zu glauben, dass der Verlag mit Aussagen wie: „Marina Keegan hinterlässt der Welt furiose Stories“ oder allein durch die Tatsache, dass das Cover des Buches quasi nur aus einem Portrait der Autorin existiert, einzig durch den schlagzeilenreifen Tod der Autorin auf Erfolg und Umsatzquoten hoffte. Hätten sie sie auch so gepriesen, wenn sie persönlich und quicklebendig zu eben diesem Verlag gegangen wäre, um ihre Erzählungen und Essays verlegen zu lassen? Wäre sie genauso als „Ausnahmetalent“ und „Schafferin von furiosen Stories“ gepriesen worden? Man weiß es nicht und diese Fragen trüben mir ein wenig das Vergnügen an ihrem Werk. Meiner Meinung werden ihrem Werk diese Aussagen und die Aufmachung des Buches nicht gerecht.

Aber letztendendes ist es vielleicht auch egal. Es ist wie es ist, Marina Keegan ist tatsächlich eines tragischen Todes und viel zu früh gestorben und ihr Werk, das sie hinterlässt ist wirklich gut. Vielleicht hätten wir es nie zu lesen bekommen, wären der Verlag und die Eltern nicht auf diese Vermarktungsschiene gelangt, vielleicht ist es auch gut so, dass diese Art von „Schlagzeile“ immer funktioniert: Der Tod einer jungen und hübschen Schriftstellerin, die ihre Werke nie fortführen und ihr Talent nie ausbauen durfte. Nur dadurch durften wir wenigstens ein wenig davon mitbekommen, von dieser sehr klaren und intelligenten jungen Stimme, die auf direkte, freche und lebendige Art und Weise Geschichten schreiben konnte.

Maren

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